Was ist ein „Sprechender [Sprachatlas] “?

Ziel des „Sprechenden“ war und ist es, den Benützern der vier Kartenbände des Sprachatlasses ALD-I ein hörbares Äquivalent zu den auf den Kartenblättern des ALD-I sichtbaren Transkriptionen zur Verfügung zu stellen. Der „Sprechende“ verfügt über 21 Messpunkte, die die fünf historischen Talschaften der alttirolisch-brixnerischen Ladinia (Val Badia, Gherdëina, Fascia, Fodom, Anpezo) abdecken. Allein aus arbeitsökonomischen Gründen war es leider nicht möglich, den „Sprechenden“ auf die Gesamtheit aller 217 ALD-I-Messpunkte auszudehnen oder dieses Projekt auch für den ALD-II durchzuführen..

 

Datenerhebung:

Die hier hörbaren Tonproben wurden in Ladinien in den Jahren 1992-1994 von der ALD-I-Exploratorin Helga Böhmer mit Hilfe einer besonders guten technischen Ausrüstung (Richtmikrophon, DigitalAudioTape-Bänder) aufgenommen. Die Aufnahme von qualitativ besonders gutem Schall war deshalb notwendig, weil beim kontrastiven Hören verschiedener Einzelwörter das bei analogen Aufnahmen unvermeidliche Grundrauschen sich für das menschliche Ohr als sehr störend erwiesen hat.

 

Datenverarbeitung:

Die von Helga Böhmer beigebrachten DAT-Aufnahmen wurden anschließend (1994-1997) im ALD-Archiv der Universität Salzburg elektronisch segmentiert. Die dabei isolierten Tonsegmente wurden anschließend in einer Datenbank abgelegt, auf die wiederum eine von der Essener Software-Firma RST speziell dafür konzipierte Benützersoftware zugreift. Diese Software aus dem letzten Jahrhundert ist klarerweiese im Rahmen dieses „Sprechenden“ durch eine an die neuen Verhältnisse angepasste Lösung ersetzt worden.

An den (sehr arbeitsaufwändigen) Segmentierungsarbeiten der Jahre 1994-1997 waren beteiligt: Susanne Heißmann, Brigitte Rührlinger und Slawomir Sobota (alle Salzburg).

 

Lautschrift, Transkriptionen, Trommelwirbel (nzw. melodischer Akkord):

Die hier sichtbaren Transkriptionen (stets in der Modalität ALD-Standard) entsprechen genau jenen, die in den vier Bänden des (publizierten) ALD-I zu finden sind. Da diese Transkriptionen etwa 6-7 Jahre älter sind als die von Helga Böhmer besorgten DAT-Aufnahmen, kann es vereinzelt zu Abweichungen zwischen den hier hörbaren Responses und den dazu gezeigten Transkriptionen kommen.

 

Zwei weitere technische Hinweise:

  1. Zur hier verwendeten Lautschrift (System Böhmer-Ascoli-AIS) findet man am Beginn aller Kartenbände der beiden Teile des ALD (ALD-I und ALD-II) detaillierte Schemata und explikative Listen;
  2. Trommelwirbel bzw. melodischer Akkord: diese werden überall dort hörbar, wo von Helga Böhmer in den Jahren 1992-1994 kein Qualitätsschall zu einer bereits vorhandenen Transkription erhoben wurde.

Zu Entstehung und Vorgeschichte des „Sprechenden “:

Die ersten Ideen und Vorarbeiten zum „Sprechenden“ gehen auf das Jahr 1989 zurück. Seit damals sind vier Versionen des „Sprechenden“ entstanden, von denen nur die drei letzten auf den 1992-1994 von Helga Böhmer gemachten DAT-Aufnahmen beruhen:

  1. eine Pilotversion mit einer Audio-CD aus dem Jahr 1990, als Beilage publiziert in Ladinia 14 (1990)
  2. eine Version auf zwei CD-ROMs (1998-2002), in Beilage zum 1998 publizierten ALD-I
  3. eine Version auf DVD (ab 2002), vorgestellt (mit Beilage einer DVD) in Ladinia 29 (2005) und in Mondo ladino 29 (2005)
  4. eine Internet-Version (ab dem Frühjahr 2005).

Um die Erstellung und weitere Pflege der Versionen 1) bis 3) hat sich besonders Roland Bauer (Salzburg) verdient gemacht. Die bei der DVD-Version verwendete Benützersoftware stammt von der Firma RST in Essen (Leitung: Reinhard Köhler, Universität Trier).

Die für die Internet-Platzierung des „Sprechenden“ notwendigen EDV-Schritte wurden im Frühjahr 2005 von Marcel Müller (Freiburg im Breisgau) gesetzt. Dazu wurden Idee und Layout teilweise vom Berliner (HU) Projekt VIVALDI (Leitung: Dieter Kattenbusch, Carola Köhler, Marcel Müller) übernommen. Thomas Frankewitsch (Lehrstuhl für Medizinische Informatik, Universität Erlangen) und Fabio Tosques (damals: HU Berlin) haben das Java-Applet für die Darstellung der Kartendaten massgeblich mitentwickelt. Diese Version hat weit mehr als 10 Jahre bestens funktioniert. Leider ist sie durch das Versagen des am Salzburger Rechenzentrum aufgestellten ALD-Servers im Jahr 2019 verstummt.

Zu weiteren Hinweisen siehe das Vorwort und die Bibliographie am Beginn des ersten Bandes des ALD-I (1998, pp. VII-XXI).

Technische Hinweise zum hier sicht- und hörbaren „Sprechenden “:

Der Arbeitsbildschirm besteht aus zwei Teilen: links sieht man eine Liste der 806 (durchnummerierten) Fragen des Questionnaires des ALD-I. Durch den Einbezug aller Einzel-Elemente dieser 806 Fragen umfaßt diese Tabelle 1266 Zeilen.

Im oberen Teil der rechten Hälfte sieht man eine hellblau getönte Karte der brixnerisch-tirolischen Ladinia mit ihren 21 Messpunkten (PP. 81-101).

Unmittelbar darunter erkennt man eine Zeile zur Einstellung gewisser Modalitäten der Transkriptionen und der Präsentation der ausgewählten Responses: Art der Transkription (mit drei Optionen), Einstellung der Lautstärke bei der Wiedergabe des Schalls, Regelung der Pausen (in Millisekunden) zwischen der Abspielung der ausgewählten Responses, Wahl zwischen der Wiedergabe der Responses nach der Art eines Wörterbuchs (= immer derselbe Ort, aber laufend andere Responses) oder nach der Art der Karte eines Sprachatlasses (= variierende Responses zu ein und derselben Frage, aber verschiedene Ortschaften).

Ganz unten befindet sich eine zweidimensionale Matrix („Abhör-Matrix“), die nach dem Einschalten zunächst immer leer ist. Sie kann aber wie folgt befüllt werden:

  • horizontal (mit Fragen bzw. deren Responses): durch Anklicken der betreffenden Fragen (in der linken Bildschirmhälfte)
  • vertikal (mit Ortschaften): durch Anklicken der interessierenden Ortschaften auf der Ladinien-Karte (in der rechten Bildschirmhälfte, oben).

Dabei werden die bislang leeren Zellen dieser Abhör-Matrix wie folgt befüllt:

  • mit der betreffenden Transkription und dem dazugehörenden Sonagramm sowie mit drei weiteren Service-Buttons:
    • rechts oben: (Symbol der Lupe) zur Vergrößerung der betreffenden Zelle;
    • rechts unten: zum Download (zwecks weiterer elektro-akustischer Verarbeitung) der betreffenden mp3-Datei;
    • in der Mitte: ein Dreieck zur Auslösung der Abspielung.

Sowohl die Fragen (bzw. die darauf eingeholten Responses) als auch die Ortschaften können mehrfach sowie in beliebiger Kombination und Anordnung ausgewählt bzw. in die Abhör-Matrix eingegeben werden.

Dabei können auf der Grundlage der links befindlichen Liste aller 806 Fragen fiktive Sätze gebildet werden, deren Responses zwar grammatisch korrekte Sätze bzw. Endprodukte ergeben, die aber vollkommen künstlich (fiktiv) sind und in dieser Form von unseren Informanten nie produziert worden waren.

Dazu zwei Beispiele:

  • morphologisch-lexikalisch: voglio (795/1) mangiare (380/1) l’oca (803/6) grassa (326/1)
  • phonologisch: il carro (102/1) caro (101/1)